Zum TV-E am jüdischen Krankenhaus Berlin


Der Tarifabschluss zur Entlastung am jüdischen Krankenhaus Berlin zeigt auf, dass es viel Verbesserungspotential für die Arbeitsbedingungen in der beruflichen Pflege gibt, jedoch muss der große Wurf gelingen und nicht das Klein-Klein gespielt werden.

Einen TV-E gibt es in Berlin bisher nur an der Uniklinik der Charité und beim landeseigenen Klinik-Konzern Vivantes. Das JKB ist ein kleines Notfallkrankenhaus im Ortsteil Wedding mit ca. 380 Betten und wird als Stiftung bürgerlichen Rechts betrieben.

Der TV-E am JKB schreibt Personalbesetzungen für fast alle Bereiche in der Patientenversorgung fest. Bei Unterschreitung erhalten die Mitarbeiter:innen (Pflegefach- und Pflegehilfspersonen aber auch Servicekräfte, Therapeut:innen) Freizeitpunkte als Ausgleich. So erhalten die Mitarbeiter:innen ab 2025 bei neun unterbesetzten Diensten eine Freischicht, ab 2026 schon bei sieben unterbesetzten Diensten. Sollte ein Dienst über 50% unterbesetzt, wird ein doppelter Belastungsausgleich gewährt.

Sinnvolle, fachlich fundierte Personaluntergrenzen in der Pflege senken die Arbeitsbelastung und steigern die Qualität der pflegerischen Versorgung. Der erkämpfte TV-E im JKB stellt eine Verbesserung gegenüber den Mindestvorgaben laut Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung (PpUGV) dar und leistet somit einen wichtigen Beitrag. Allerdings ist eine solche Regelung in allen Einrichtungen und Krankenhäusern notwendig. Dafür benötigt es eine sinnvolle gesetzliche Regelung.

Der TV-E ersetzt aber keine Personalvorgaben, die dem wissenschaftlich notwendigen Rahmen entsprechen. Das muss das Ziel gewerkschaftlicher Arbeit sein.
In den entscheidenden Gremien, in welchen solche Gesetze mitgestaltet werden können, ist die Pflege als Profession nicht vertreten und kann somit nicht am Entstehungsprozess von Gesetzen mitwirken. Es bestehe die Gefahr, zu „einer Art Schülermitverwaltung zu verkommen“, so Professor Josef Hecken 2022, der unparteiische Vorsitzende des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) zum Stimmrecht der Pflege im G-BA, dem höchsten Gremium des Gesundheitswesens in Deutschland.

Wenn die Pflegeprofession etwas ändern will, kommen wir um eine demokratisch legitimierte Selbstverwaltung nicht herum. Zu lange wurden die Geschicke unserer Profession von fachfremden Personen gelenkt. Pflegekammern sind die einzige Form für eine solche Selbstverwaltung.

Statt kleinteiliger Verhandlungen und Streiks sollte sich sie Pflegeprofession an den großen Wurf wagen. Landespflegekammern in allen Bundesländern und ein gemeinsamer Ausschuss der Kammern auf Bundesebene. So hätten Regierungen auf Ebene der Länder und sogar des Bundes legitime, sachverständige und wirkungsmächtige Ansprechpartner:innen aus dem Pflegeberuf.