BOCHUM. Die Pflegeberufekammer Schleswig-Holstein darf nicht demontiert und handlungsunfähig gemacht werden – das ist der Aufruf der Pflegegewerkschaft BochumerBund (BB). Stattdessen sollte die Landesregierung nachhaltig etwas für die Pflege tun, indem die Kammer ausreichend Zeit erhält, Strukturen aufzubauen und ihre wichtige Arbeit zu leisten.

„Ein ernsthaftes Interesse der aktuellen politischen Mehrheiten an der Etablierung einer starken, souveränen Pflegekammer ist in keiner Weise zu erkennen“, so die Krankenschwester und Vorstandsvorsitzende vom BB Heide Schneider. „Vielmehr sei eine Haltung gegenüber der Pflegeberufe erkennbar, die von Unwissenheit, Herablassung und Ignoranz geprägt ist“.

„Von Mitte 2017 bis Mitte 2020 lehnt sich die Landesregierung zurück und beobachtet, wie sich Kammergegner und -befürworter im Aufbauprozess und in der Implementierungsphase gegenseitig zerfleischen“ stellt Frau Schneider fest. Im Koalitionsvertrag aus dem Jahr 2017 ist mit keiner Silbe eine Unterstützung der Pflegeberufekammer erwähnt, es finden sich jedoch etliche Hinweise darauf, dass die Landesregierung bereits 2017 die Demontage der Kammer zum Ziel hatte. „Ehrlicher wäre gewesen, wenn die Verantwortlichen bereits 2017 gesagt hätten, dass sie die Notwendigkeit einer Kammer nicht sehen und eine Errichtung gestoppt hätten“ unterstreicht die Krankenschwester.

Stattdessen nutzt die Landesregierung die Lage der Pflegeberufekammer aus und setzt die Verantwortlichen noch weiter unter Druck, indem eine nachträgliche Anschubfinanzierung in Höhe von drei Millionen Euro an die Bedingung geknüpft wird, die politisch geforderte Urabstimmung Anfang des Jahres 2021, um eine Befragung zu den Wünschen der Mitglieder zu erweitern, wohl wissend, dass mittlerweile ein kaum gut zu machender Schaden an der Pflegeberufekammer entstanden ist. „Nach unserem Verständnis hat das Gebaren der Landesregierung mit Demokratie nichts mehr zu tun, hier handelt es sich schlicht um Erpressung und Gängelung“ fasst Frau Schneider zusammen.

Es wird deutlich, dass die Landesregierung Schleswig-Holstein den Kerngedanken einer Pflegekammer nicht verstanden hat oder besser: nicht verstehen will. Grundsätzlich wird eine Pflegekammer nicht dafür eingerichtet, damit die Mitglieder besser geführt oder verwaltet werden können. Die Pflegekammer ist dafür da, die pflegerische Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen und den Schutz der Patientinnen und Patienten zu gewährleisten. „Dazu bedarf es einiger Instrumente wie Berufsordnung, Aus- und Weiterbildungsordnung, Ethikcodex sowie Registrierung mit verpflichtender Mitgliedschaft und Mitgliedsbeitrag“, so Pflegefachfrau Schneider, und weiter: „Werden diese Instrumente nicht erarbeitet, ist die Sicherstellung der pflegerischen Versorgung ungeordnet und willkürlich“.

Der BB fragt sich, wie die gewählten Vertreterinnen und Vertreter der Bevölkerung in Schleswig-Holstein die gesundheitliche Versorgung ohne pflegerischen Sachverstand sicherstellen wollen. Auch in Schleswig-Holstein gibt es immer mehr pflegebedürftige Menschen und einen immer größeren Mangel an Pflegefachpersonen. „Bereits heute ist in zahlreichen Regionen die pflegerische Versorgung akut gefährdet“, stellt Frau Schneider vom BB fest, „eine Demontage der Pflegeberufekammer macht den Pflegeberuf definitiv nicht attraktiver, sondern wird die Probleme noch verschärfen“.

Eine Kammer muss vom jeweiligen Berufsstand selbst aufgebaut und verantwortet werden – unabhängig von politischen Einflüssen. Nicht nur in Zeiten der Pandemie leisten die Pflegeberufe Unglaubliches. Die Landesregierung Schleswig-Holstein müsste sich bei den Pflegenden bedanken, aber bitte nicht mit Applaus oder halbherzigen Einmalzahlungen, sondern mit Aufnahme der Pflegeberufe das Heilberufekammergesetz.