28.02.2023 die Tarifstreitigkeiten zwischen der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) und ver.di sind in vollem Gange. Nachdem ver.di die ersten Streikmaßnahmen eingeleitet hat, stellte die VKA ihre Gegenvorschläge vor.
Schon die Forderungen von ver.di sind in der Gesamtheit aus Pflegesicht mangelhaft. Hier gibt es keinerlei gesonderte Verbesserungen. Bei einer Gehaltsdifferenz von rund 25 Prozent zu einem angemessenen Gehalt für Pflegefachpersonen fordert ver.di gerade einmal 10,5 Prozent mehr Gehalt oder mind. 500 Euro im Monat.
Naturgemäß bietet die VKA hier deutlich weniger. Bei einer Laufzeit von 27 Monaten sollen die Gehälter in zwei Schritten um einmal drei Prozent und das Jahr darauf um zwei Prozent erhöht werden. Dazu kommen untaugliche Einmalprämien zum Inflationsausgleich.
Zusätzlich will die VKA zwei Tarifverträge wiederbeleben, die den Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern ermöglicht, zur Zukunftssicherung das Jahresbruttogehalt um fünf bzw. sechs Prozent zu kürzen. Der Wert der Pflege ist beim VKA noch weniger zu spüren als er es bei den unzureichenden Forderungen von ver.di schon ist. Man argumentiert, eine Intensivpflegefachkraft in der Endstufe (3939,65 Euro) hätte seit 2012 einen Reallohnzuwachs von 507,94 Euro erhalten. Das mag sein. Ist aber lange noch nicht angemessen.
Der BochumerBund sieht die Pflegekräfte wieder auf dem Abstellgleis.
Die Pandemie ist vorbei, die Schwielen an den Händen der Fensterklatscher:innnen heilen ab.
Wenn nicht einmal die aktuell noch verhandelnde Gewerkschaft die Notwendigkeit sieht, der Pflege den Rücken zu stärken, wird es mehr als dunkel für die pflegerische Versorgung der Bevölkerung. Eigentlich könnte man ver.di vorwerfen, bewusst in Kauf zu nehmen, dass sich die Ressource der Pflegefachpersonen in diesem Land weiter minimiert. Die von der VKA durchgeführte zur Schaustellung des Endstufengehalts einer Intensivpflegefachperson, zeigt wie die Verhandler:innen ticken. „Der Frauenberuf Pflege ist nichts wert, weil ihn eben hauptsächlich Frauen ausüben. Dass dieses Bild immer noch weit in der Gesellschaft verbreitet ist, konnte vor Kurzem in der Sendung „Reschke-Fernsehen“ beobachtet werden. Die „fütternde“ und „waschende“ Krankenschwester, die auch gerne mal sexuell belästigt werden darf, ist in der Gesellschaft weit verbreitet. Da muss man doch kein angemessenes Gehalt zahlen?“, bringt Herrmann Pilz, Leiter der Tarifkommission beim BochumerBund, die Situation auf den Punkt.
Pflege ist ein hoch spezialisierter Beruf mit komplexen Tätigkeiten Pflege ist ein hochspezialisierter Beruf, der gerade in Lehrkrankenhäusern an der Ausbildung von Ärzt:innen beteiligt ist. Die hohe Komplexität und Verantwortung wird auch in einer Studie zum Gendergap von Prof. Dr. Klammer untermauert. Die vielfältigen Anforderungen der „nichtakademischen Krankenpflege“ sind gleichwertig mit denen der Ingenieurwissenschaften. Die Belastungen des Drei-Schichtmodells verkürzen die Lebenserwartung um durchschnittlich zehn Jahre. Pflegefachpersonen müssen ihre Arbeit selbst planen, organisieren, ständig priorisieren, in Notfällen blitzschnell umdenken,handeln und wieder anknüpfen, wo sie unterbrochen wurden. Eine kleine Unachtsamkeit kann katastrophale Folgen haben.
Unter all diesen Gesichtspunkten hält der BochumerBund ein Einstiegsgehalt von 4.500 Euro für angemessen. Hier wird nun auch deutlich, wie das Rechenbeispiel der VKA für eine Intensivpflegefachperson in der Endstufe einzuordnen ist. Weiter fordern wir u.a. eine Begrenzung der wöchentlichen Arbeitszeit auf 35 Stunden. Ohne eine Spartengewerkschaft ist die Pflege verloren.
„Spartengewerkschaften sind effektive Verhandlungspartner, wie die Beispiele bei Lokführer:innen und Pilot:innen zeigen. Diese sind in den Verhandlungen immer deutlich erfolgreicher als Mischgewerkschaften. Gerade die aktuelle, aus Sicht der Pflege unwürdige Tarifauseinandersetzung zeigt wie dringend der BochumerBund gebraucht wird“, erläutert Hermann Pilz.
Trotz der begründeten Kritik rufen wir unsere Mitglieder auf, sich solidarisch zu zeigen und die Notbesetzungen in den Kliniken zu sichern.