16.01.22
Ein völlig falsches Signal für die Pflegenden in Niedersachsen ist am Mittwoch von der dortigen Landesregierung versendet worden.
Aufgrund der neuen Corona-Variante “Omikron” und der damit verbundenen absehbaren Dienstausfälle im Gesundheitswesen hat die SPD-CDU Koalition Lockerungen des Arbeitsschutzes beschlossen. Damit sind in Niedersachsen bis zu 60 Stunden Wochenarbeitszeit mindestens bis zum 10. April 2022 möglich.
Seit vielen Jahren ist der Personalmangel im Gesundheitswesen bekannt und wird dennoch deutschlandweit von der Politik hingenommen.
Wie dramatisch die Lage ist, hat die Corona-Pandemie auch für die breite Bevölkerung gezeigt. Viele Pflegekräfte hoffen nun schon eine Weile vergeblich auf eine entsprechende Anpassung der Gehälter an die verantwortungsvolle und wichtige Arbeit, die sie für das ganze Land leisten. Anstatt aber Maßnahmen umzusetzen, welche diese Leistungen würdigen, scheint sich die niedersächsische Regierung weiter darauf zu fokussieren, Löcher zu stopfen. In diesem Fall werden die ohnehin völlig überlasteten Pflegekräfte einmal mehr in die Pflicht genommen. Diese vorgenommene Maßnahme scheint nicht nur massiv ungerecht, sondern wird auch ihre Anforderungen nicht erfüllen. Die wenigen übrigen Pflegekräfte werden auf diese Weise noch häufiger krank werden. Immer mehr Personal verlässt unterdessen nicht nur dort die Krankenhäuser.
Einen Berufswechsel erwägen laut einer deutschlandweiten Umfrage der Berliner Alice-Salomon-Hochschule mittlerweile rund 40%. Immer mehr Pflegende fallen dauerhaft auf Grund von Burn-Out und Depression aus. Zusätzlich wird die Demografie der Pflege in Deutschland dafür sorgen, dass immer mehr Pflegende in Rente gehen. Auch kurzfristig ist ein Vorgehen wie in Niedersachsen massiv kontraproduktiv und wird dem Image der Pflege in Deutschland weiter schaden.
Um die Versorgung der Patient*innen sicherzustellen, ist die einzige Möglichkeit die Sperrung von Krankenhausbetten. Wo kein Personal ist, können keine Patient*innen versorgt werden. Mit einer konsequent durchsetzbaren Bettensperrung könnte wenigstens mit den übrigen offenen Betten eine adäquate Versorgung der Patient*innen gewährleistet werden.
Es ist höchste Zeit, dauerhaft wirkungsvolle Maßnahmen zu ergreifen, um die Situation der Pflege zu verbessern und eine krankenhäusliche Versorgung in Deutschland sicherzustellen.
Eine Verdoppelung der Gehälter und konsequent einzuhaltende Pflegepersonalschlüssel wären geeignete Maßnahmen, um dies zu erreichen. Lockerungen des Arbeitsschutzes und die fortschreitende Ausbeutung der Arbeitskräfte sind eindeutig kontraproduktiv.
P.S. Selbstverständlich ist der BochumerBund gegen eine Erhöhung der Arbeitszeit in allen Arbeitsbereichen der Pflege. Diese PM bezieht sich aber auf die neugeschaffene Möglichkeit der Ausweitung der Arbeitszeit in den Bereichen der KRITIS (s.u.)