Bochum, den 21.12.2023

Der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (bpa) wendet sich in einem Schreiben direkt an die Angestellten ihrer Arbeitgebenden und empfiehlt ihnen, sich gegen den Aufbau der Pflegekammer Baden-Württemberg auszusprechen. Der BochumerBund als gewerkschaftliche Interessenvertretung der beruflich Pflegenden kritisiert ausdrücklich die Äußerungen des bpa.

Für den BochumerBund ist es dabei in keiner Weise nachvollziehbar, warum sich eine Organisation der Arbeitgebenden in die berufsspezifischen Angelegenheiten der beruflich Pflegenden einmischt und derartige Empfehlungen ausspricht. „Ein Arbeitgeber-Verband spricht den Arbeitnehmenden seiner Betriebe eine Empfehlung aus und hat dabei das Wohl der Arbeitnehmenden im Sinne – Wer das glaubt, glaubt auch, dass zum 24.12. die Geschenke direkt vom Nordpol unter den Weihnachtsbaum geliefert werden“ So Jürgen Drebes, stellvertretender Bundesvorsitzender des BochumerBund und Mitglied der Kammerversammlung der Pflegekammer Nordrhein-Westfalen.

Der bpa wendet unter anderem als Argument gegen die Kammergründung ein, dass Pflegekammern die Gehälter von beruflich Pflegenden nicht erhöhen können, da dies eine Aufgabe sei, die den Gewerkschaften im Tarifstreit mit den Arbeitgebenden zufällt. Wenn die angemessene Entlohnung der beruflich Pflegenden dem bpa tatsächlich am Herzen liegen würde, so könnte er empfehlen, die Löhne der beruflich Pflegenden massiv zu erhöhen, doch stattdessen möchte der Verband verhindern, dass sich beruflich Pflegende in Pflegekammern organisieren und die eigene Profession selbstwirksam weiterentwickeln.

In dem vorliegenden Schreiben werden Aufgaben und Kompetenzen von Pflegekammern, hier explizit der sich im Aufbau befindenden Pflegekammer Baden-Württemberg, falsch dargestellt und daraus Argumente abgeleitet, warum sich beruflich Pflegende in Baden-Württemberg gegen die Errichtung der Pflegekammer aussprechen sollten. Ganz gezielt informiert der bpa beruflich Pflegende in den von ihm vertretenen Betrieben unsachgemäß. So ist die Entwicklung einer Berufsordnung selbstverständlich eine elementare Aufgabe der Pflegekammer. Der bpa verwechselt jedoch dabei, dass die Pflegekammer, unabhängig von den vertraglichen Vereinbarungen mit den Arbeitgebenden, die Aufgaben und Zuständigkeiten der Pflege selbst festlegen wird. Gerade das bietet der Profession die Möglichkeit, das Berufsbild eigenständig zu entwickeln und nicht länger Aufgaben fernab der erlernten Kompetenzen erbringen zu müssen (was jedoch für Arbeitgebende weiterhin erstrebenswert wäre).

Auch die Entwicklung einer Fort- und Weiterbildungsordnung obliegt der Pflegekammer, hier werden von den Kammermitgliedern selbst die Inhalte festgelegt. Das hat mit deren Finanzierung erst einmal überhaupt nichts zu tun. Außerdem wird im Punkt „Sicherung und Förderung der Qualität der Pflege“ absolut falsch dargestellt, dass die Pflegekammer zusätzlich zum Medizinischen Dienst und der Heimaufsicht Prüfungen durchführt, dabei wird die Pflegekammer diese Aufgabe nicht innehaben. Im Punkt „Beratung und Unterstützung der Mitglieder“ wird unvollständig beschrieben, dass auch Berufsverbände und Gewerkschaften ihre (freiwilligen) Mitglieder beraten, das betrifft lediglich unter 10 % der beruflich Pflegenden. Die übrigen 90 % könnten jedoch wenigstens durch die Pflegekammer informiert und über ihre Rechte und Möglichkeiten aufgeklärt werden. Unter anderem hierfür ist eine verpflichtende Registrierung der Pflegefachpersonen im Sinne einer Körperschaft öffentlichen Rechts in logischer Konsequenz genauso erforderlich wie in anderen berufsständisch organisierten Berufen – anzuführen sind hier die Ärzteschaft, Apotheker:innen, Jurist:innen, Architekt:innen und das Handwerk.

Die Ausführungen des bpa sind beschämend und eindeutig kompetenzüberschreitend. Der BochumerBund kann nur dringend an alle Arbeitnehmenden appellieren: Lasst euch von euren Arbeitgebenden nicht täuschen! Den Berufsstand klein zu halten und eine wirkmächtige Organisation zu verhindern, sind die eigentlichen Interessen des Arbeitgebendenverbandes. Wie in Rheinland-Pfalz und in Nordrhein-Westfalen muss sich die Pflegekammer in Baden-Württemberg entwickeln und etablieren, der BochumerBund unterstützt diese Entwicklung und ermutigt alle Pflegefachpersonen, sich für die Stärkung und Entwicklung der Pflegeprofession auszusprechen und aktiv mitzuwirken.